Tragedia per musica in drei Akten (1735)
Libretto von Agostino Piovene
Samstag, 26. September 2020, 19:00 Uhr
28. / 30. September & / 2. / 4. / 7. / 9. / 11. / 13. Oktober 2020, 19.00 Uhr
Für zu spät kommende Besucher*innen ist kein Nacheinlass möglich.
Einführungsmatinee:
Sonntag, 20. September 2020, 11:00 Uhr
Neuproduktion des Theater an der Wien in der Kammeroper
Besetzung
Handlung
Der von Tamerlano besiegte Sultan Bajazet wird zusammen mit seiner Tochter Asteria im Palast von Bursa festgehalten. Er bittet den griechischen Prinzen Andronico, obwohl dieser ein Verbündeter Tamerlanos ist, sich seiner Tochter anzunehmen. Er weiß, dass die beiden sich lieben. Asteria wird allerdings auch von Tamerlano begehrt, der sogar bereit wäre, ihretwegen seine Verlobung mit Irene, der Prinzessin von Trapezunt, zu lösen. Als Entschädigung will er Irene mit Andronico vermählen und ihnen die Herrschaft über das eroberte Byzanz überlassen, nicht ahnend, in welche missliche Lage er seinen Verbündeten damit bringt. Nicht nur Irene, die inkognito in den Palast gekommen ist, gerät außer sich, als sie von der Kränkung erfährt, auch Bajazet will seine Tochter unter keinen Umständen mit seinem Feind Tamerlano verheiratet sehen. Asteria wiederum fühlt sich von Andronico verraten, glaubt sie doch, dass ihr Geliebter mit dem Plan Tamerlanos einverstanden ist. Dennoch willigt sie in die Hochzeit mit Tamerlano ein, allerdings nur,um ihn bei nächster Gelegenheit ermorden zu können. Als Bajazet von dem verzweifelten Andronico erfährt, dass seine Tochter sich anschicke, den Thron zu besteigen, wirft Bajazet sich bei der Krönungszeremonie dazwischen und überhäuft seine Tochter mit Schmähungen. Zu ihrer Rechtfertigung zeigt ihm Asteria ihren Dolch und macht so ihre Absichten öffentlich. Andronico gesteht Tamerlano, dass er und Asteria sich lieben. Derart gedemütigt, beschließt Tamerlano, Bajazet zu töten und sich von Asteria in Zukunft als Sklavin bedienen zu lassen. Diese nützt allerdings die erste Gelegenheit, Gift in seinen Becher zu gießen. Diesmal wird ihr Vorhaben jedoch von Irene vereitelt, die sich jetzt zu erkennen gibt. Angesichts der drohenden Demütigungen, die seiner erneut überführten Tochter drohen, begeht Bajazet Selbstmord. Irene und Andronico bitten Tamerlano um Gnade für Asteria, die aber nach dem Tod ihres Vaters Tamerlano anfleht, auch sie zu töten. Tamerlano, durch die Ereignisse geläutert und erschüttert über den Lauf der Dinge, sorgt für ein einigermaßen glückliches Ende: Andronico und Asteria dürfen heiraten, während er selbst sich wieder Irene zuwendet.
Zum Werk
Antonio Vivaldi war Venezianer, er wurde 1678 in der Serenissima geboren. Und wie er hatten auch die venezianischen Librettisten seit der Entstehung des Dramma per musica eine ausgeprägte Vorliebe für orientalische Themen entwickelt, war doch Venedig für lange Zeit das Tor in den Orient. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Gestalt des türkischen Sultans Bayezid I. (1360-1403), Symbol der Allmacht, aber auch der Niederwerfung des osmanischen Feindes, der künstlerischen Produktion in Venedig reichlich Nahrung lieferte. Bereits kurz nach dem Frieden von Karlowitz 1699, bei dem die Türken bedeutende Gebiete an Venedig abtreten mussten, entstanden die ersten Opern, die Bayezids 1402 erlittene Niederlage gegen Timur (Tamerlano), den Fürst der Tartaren, zum Thema hatten. Insgesamt sind etwa fünfzig verschiedene Vertonungen überliefert, die dessen tragisches Schicksal behandeln. Unter den Komponisten finden sich die größten ihrer Zeit, etwa Francesco Gasparini, Georg Friedrich Händel, Leonardo Leo, Nicola Antonio Porpora und Niccolò Jommelli oder eben jenes so wirkungsvolle wie originelle Pasticcio von Antonio Vivaldi, das sich durch besonderen musikalischen Reichtum auszeichnet. Im Streit zwischen den Türken und Tartaren sahen Vivaldi und seine Mitstreiter die Möglichkeit, den aktuellen kulturellen Kampf zwischen Venedig – der Heimatstadt des Komponisten – und Neapel um die Vormachtstellung auf dem Gebiet der Oper szenisch und musikalisch zu verarbeiten. Vivaldi hatte den Einfall, Musik aus seinen eigenen Opern für die türkischen Rollen und ihre Verbündeten zu verwenden, für die Mongolen und die mit ihnen Verbündeten wählte er hingegen Arien von Hasse, Giacomelli oder Broschi, also Komponisten, die der neuen neapolitanischen Schule zuzurechnen waren. Dass dadurch die Türken, die historischen Widersacher Venedigs, zu Streitern für die venezianische Oper wurden, kümmerte Vivaldi offenbar wenig, interessierte ihn doch vor allem die charakterstarke und außerordentlich fesselnde Figur des Titelhelden und sein stolzes Aufbäumen gegen seine Niederlage und Demütigung. In Bajazets Vielfältigkeit spiegelt sich Vivaldis Kunst besonders farbenreich wieder.