Dramma per musica in drei Akten (1735)
Musik von Georg Friedrich Händel
Libretto nach Antonio Fanzaglias L´isola d´Alcina
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Neuproduktion des Theater an der Wien
Premiere:
Samstag, 15. September 2018, 19:00 bis ca. 22:20 Uhr (Pause ca. 20:40 Uhr)
Aufführungen:
17. / 19. / 22. / 24. / 26. September 2018, 19:00 Uhr
Fotos
Besetzung
Handlung
Mit magischen Kräften hat die mächtige Zauberin Alcina eine wüste Insel in ein Elysium verwandelt, während auf dem europäischen Festland Karl der Große damit beschäftigt ist, alle edlen Helden in den Kampf gegen die Mauren in Spanien einzubinden. Immer wieder lockt sie Ritter vom Kriegszug weg auf ihre Insel. Sie bereitet den Auserwählten Freuden der Liebe, bis sie ihrer überdrüssig ist und sie in Tiere, Pflanzen oder sogar Steine verwandelt. Etliche Helden aus Karls Heer werden schon vermisst. Der junge Oberto ist auf der Suche nach seinem Vater Astolfo immerhin schon bis zu Alcina vorgedrungen, kann ihn aber nicht finden – kein Wunder, er vegetiert inzwischen in der Inselmenagerie als Löwe vor sich hin. Aktuell hat Alcina den ruhmreichen Ruggiero als Liebhaber auserwählt. Er ist ihr gänzlich verfallen. Aber seine Verlobte, die Ritterin Bradamante, und ihr ebenfalls der Zauberei kundige Erzieher Melisso haben sich aufgemacht, den Verschollenen zu suchen. Schließlich gelangen auch sie auf Alcinas Insel. Bradamante ist als Mann verkleidet und gibt sich als „Riccardo“ aus. In dieser Kostümierunggerät sie in Liebesverwirrungen: Morgana, Alcinas Schwester, verliebt sich in den vermeintlichen „Riccardo“ und verlässt für ihn ihren bisherigen Liebhaber Oronte. Bradamante spielt bei der ungeplanten Täuschung mit, weil sie hofft, so leichter zu Ruggiero vordringen zu können. Oronte, tief gekränkt, versucht indessen die Besucher loszuwerden und intrigiert mit allen Mitteln gegen sie. Trotzdem geht Bradamantes Plan auf: Mit Hilfe von Melissos Gegenzauber erkennt Ruggiero schließlich die Wirklichkeit hinter Alcinas magischer Kulisse und befreit sich von ihrem Einfluss. Vorsichtig müssen die drei dann ihre Flucht vorbereiten, denn Alcina merkt, dass sich Ruggiero ihr entzieht. Da sie ihn wirklich liebt, schwindet mit seiner Liebe auch ihre Macht, die Geister der Unterwelt verweigern ihr die Gefolgschaft. Als Ruggiero die Insel verlässt, zerstört er Alcinas Zauberkraft. Alle ihre früheren Opfer erhalten ihre wirkliche Gestalt zurück, die Insel erweist sich als trostloser Ort, und Alcina wird zur einsamen, alten Frau, bar allen Zauberglanzes. Die Ritter ziehen wieder in den Krieg. Ein Sieg der Liebe?
Zum Werk
Georg Friedrich Händel komponierte zwischen 1733 und 1735 drei Opern nach Stoffen aus Ludovico Ariosts fantastisch ausuferndem Ritterepos Orlando furioso (1516-32): Orlando, Ariodante und zuletzt Alcina. Die Geschichten um Kampf, Liebe und Zauberei waren zu Händels Zeiten noch immens populär und kamen dem damaligen Interesse für exotische Orte und emotionale Ausnahmesituationen entgegen. Entsprechend der aufgeklärten Vernunft musste die emotionale Ausnahmesituation bewältigt werden zugunsten eines gesellschaftstauglichen Gemütsausgleichs, der Wahnsinn wird überwunden, der Zauber gebrochen. Die Figuren sind am Ende wieder realitätstauglich und kehren zurück in ihre Routine. Alcina war mit 18 Vorstellungen im Covent Garden Theatre eine besonders erfolgreiche Oper – Händel bewies darin noch einmal seine Brillanz in der musikalischen Ausdeutung der Psyche seiner Figuren. Prominente SängerInnen standen ihm dafür zur Verfügung: die gefeierte italienische Sopranistin Anna Strada und der Kastrat Giovanni Carestini. Zudem war das Covent Garden Theatre ein neues Haus – eine Zauberinsel war genau der Spielort, mit dem das Theater seine Technik beeindruckend präsentieren konnte.
Diese Zauberinsel ist utopisches Paradies, in dem lustvolles Erleben keine Sünde ist, Liebe zum Selbstzweck wird, aber auch trügerische Illusion, in der sich die Figuren inmitten vieler aufregender, amüsanter und auch beängstigender Abenteuer zurecht finden müssen. Wie in einem Versuch werden sie aufeinander losgelassen und müssen herausfinden, wer sie sind, wen sie wie warum lieben, und was diese Liebe aus ihnen macht. Händel wirft dabei einen weisen, unparteiischen Blick auf das Leben: Es gibt eigentlich keine guten oder bösen Figuren, immer versteht Händel jede Motivation, auch die Alcinas, oder vielleicht sogar gerade die besonders. Bei ihm wird diese dämonische Verderberin zu einem Menschen, denn die Liebe macht sie plötzlich verletzbar, sie verliert ihre magische Energie und die ewige Jugend. Am Ende ist sie eine gebrochene Gestalt. In seiner Musik vereint Händel dabei Trauer und Heiterkeit, Freude und Schmerz in oft leichter und auch melancholischer Ironie.