Oper in drei Akten (1774)
Libretto von Pierre-Louis Moline und Ranieri de’ Calzabigi
Premiere:
Samstag, 2. Oktober 2021, 19:00 Uhr
Aufführungen:
4. / 6. / 8. / 10. / 12. / 15. / 17. / 19. / 21. Oktober 2021 | 19.00 Uhr
Einführungsmatinee:
Sonntag, 26. September 2021 | 11.00 Uhr
In französischer und italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Neuproduktion des Theater an der Wien in der Kammeroper
Besetzung
Handlung
Der apollinische Sänger Orpheus hat durch den Biss einer giftigen Schlange seine geliebte Gattin Eurydike verloren. In einem Zypressenhain beklagen Hirten und Nymphen mit ihm diesen frühen Tod und schmücken Eurydikes Grab mit Blumen. Die Winde tragen Orpheus’ Klagen zu den Göttern, die ihm seine Angebetete so grausam geraubt haben. Orpheus ist nicht bereit, sich dem ihm auferlegten Schicksal zu fügen und will in die Unterwelt gehen, um dort Eurydike zu suchen. Da erscheint Amor und verkündet ihm, was Jupiter, gerührt von seinem Schmerz, beschlossen hat: Der Sänger darf wirklich in die Unterwelt hinabsteigen. Sollte es ihm mit seinem Gesang gelingen, die Furien und Ungeheuer des Hades milde zu stimmen, wird ihm Eurydike zurückgegeben. Allerdings darf er Eurydike nicht ansehen, bevor sie den Styx überquert haben, und ihr auch Jupiters Gebot nicht verraten. Beglückt macht sich Orpheus unter den Ermahnungen Amors auf den Weg in die Unterwelt. Dort bedrängen ihn Furien und Wächter und wollen ihmden Zutritt in den Hades verwehren. Durch einen ergreifenden, um Erbarmen flehenden Klagegesang gelingt es Orpheus aber, diese zu besänftigen. Es wird ihm der Weg ins Elysium, zu den Gefilden der Seligen freigegeben, wo ihm von den scheuen Geistern Eurydike zugeführt wird. Gemeinsam treten sie durch die labyrinthischen Gänge des Hades den Weg in die Oberwelt an. Beunruhigt vom abgewandten Blick Orpheus’ komme in Eurydike jedoch Zweifel auf, ob es wirklich ihr Mann ist, dem sie da durch die finsteren Klüfte folgt. Sie bedrängt ihn mit Fragen und Vorwürfen und beginnt, an seiner Liebe zu zweifeln, kann sie sich doch sein abweisendes, zur Eile mahnendes Verhalten nicht erklären. Angsterfüllt will Eurydike lieber erneut sterben und in die Ruhe des Elysiums zurückkehren als ungeliebt ein neues, freudloses Leben beginnen. In höchster Verzweiflung bricht Orpheus das ihm auferlegte Gebot und wendet sich Eurydike zu, die tot in seine Arme sinkt. Voll Schmerz will sich Orpheus das Leben nehmen, was von Amor verhindert wird. Beschämt von der Größe dieser Liebe, erweckt er Eurydike noch einmal zum Leben. Glücklich vereint huldigt das Paar dem Liebesgott
Zum Werk
Christoph Willibald Gluck und Ranieri de’ Calzabigi haben sich 1762 in ihrer Bearbeitung des Orpheus-Mythos (fast) auf die Personen des Liebespaares Orpheus und Eurydike beschränkt und die Handlung auf scharf kontrastierende Bilder verdichtet. Anstatt auf die üblichen, unüberschaubaren Intrigen zu bauen, vertrauten die Autoren der Einfachheit und Klarheit des Handlungsverlaufs. Mit Hilfe von dramatisch schlagkräftigen, psychologisch motivierten und vom Orchester begleitenden Rezitativen wurde die starre Trennung von Secco-Rezitativ und Arie vermieden und so ein bruchloser, organischer Übergang in ariose Passagen ermöglicht. Die lediglich die Virtuosität der Sängerinnen und Sänger zur Schau stellenden Da-Capo-Arien wurden durch schlichte, aber zu Herzen gehende Lied- und Chorstrophen ersetzt. Allein das übliche „lieto fine“ – also das glückliche Ende – blieb im Gegensatz zu Ovids Vorlage als einzige Konzession an den Publikums - geschmack noch unangetastet. Zweifelsohne stellt Glucks erste Reformoper einen bedeutenden Wendepunkt in der Operngeschichte dar, bricht sie doch radikal mit den zur Konvention erstarrten Normen, wie sie von Metastasio für die italienische Opera seria vorgegeben waren. Dieser Bruch mit der Konvention ist allerdings keineswegs aus dem Nichts entstanden. Bereits 1754 – also acht Jahre vor der Wiener Erstaufführung von Glucks erster, italienischer Fassung 1762, Orfeo ed Euridice – veröffentlichte der Kunstkritiker Francesco Algarotti ein eher schmales Büchlein, in dem er gnadenlos mit der gängigen Theaterpraxis seiner Zeit abrechnete und sich Gedanken über eine Reform der Kunstgattung Oper machte. Er löste damit zeitgleich nicht nur in Wien, sondern auch in Parma, Stuttgart, Mannheim und St. Petersburg Bestrebungen aus, die Opera seria durchgreifend zu reformieren. Es erscheint nicht verwunderlich, dass Glucks Orfeo ed Euridice der durchschlagende Erfolg in Wien versagt blieb. Zu ungewohnt, zu revolutionär war die neue Oper für das Publikum. Dieser stellte sich erst zwölf Jahre später, 1774, mit einer neuen, leicht veränderten, französischen Fassung in Paris ein, was insofern nicht überraschend ist, weil Gluck darin zusammen mit seinem französischen Librettisten Pierre-Louis Moline auf die Tradition der Tragédie-lyrique zurückgreift.