Oper in einem Prolog und drei Akten (1945)
Libretto von Montagu Slater nach der Verserzählung The Borough (1810) von George Crabbe
Premiere:
Samstag, 16. Oktober 2021, 19:00 Uhr
Aufführungen:
18. | 20. | 23. | 25. Oktober 2021, 19:00 Uhr
Einführungsmatinee:
10. Oktober 2021, 11.00 Uhr
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Neueinstudierung der Theater an der Wien-Produktion von 2015
Besetzung
Handlung
Der Fischer Peter Grimes wird in seinem Dorf gemieden. Er ist ein verschlossener Außenseiter, dem bereits zum zweiten Mal ein Lehrjunge gestorben ist. Die Dorfgemeinschaft argwöhnt, Grimes könnte an diesen Todesfällen schuld sein. Bei einer Untersuchung kann man ihm nichts beweisen, aber er erhält den Rat, zukünftig einen Erwachsenen als Hilfskraft einzustellen. Nur die Lehrerin Ellen Orford hält zu Grimes. Der ehemalige Kapitän Balstrode empfiehlt ihm, Ellen zu heiraten, damit das Gerede ein Ende fände, aber der Fischer weicht aus, erst will er es zu Geld und Ansehen bringen. Um die viele Arbeit zu schaffen, sucht er doch wieder nach einem Jungen als Lehrling. Wie immer organisiert ihm der Apotheker Keene einen aus dem Armenhaus. Fuhrmann Hobson weigert sich zunächst, Grimes ein neues Opfer zuzuführen. Erst als Ellen bereit ist, den Jungen mitabzuholen, nimmt er den Auftrag an. Von nun an steht Grimes unter noch genauerer Beobachtung. An einem Sonntag einige Wochen später bemerkt Ellen vor der Kirchean dem Jungen einen Bluterguss. Als sie Grimes damit konfrontiert, gerät sie mit ihm in Streit. Grimes nimmt den Jungen und will mit ihm zum Fischen hinausfahren. Aber die Dorfleute haben nach dem Gottesdienst mitbekommen, dass wieder etwas mit Grimes und seinem Lehrling nicht stimmt. Sie rotten sich zusammen, um Grimes zur Räson zu bringen. Gerade als sich Grimes mit dem Jungen zum Ausfahren bereit macht, hört er die wütenden Bürger. Mit dem Jungen flieht er Richtung Boot, aber in der Panik rutscht der Junge auf den Felsen ab. Als die Bürger die Hütte erreichen, ist sie leer. Tage später entdecken Ellen und Balstrode den Pullover des Jungen. Nun sind die Dorfleute überzeugt, dass Grimes einen neuen Mord begangen haben muss und ziehen wieder los, um ihn für seine Verbrechen bezahlen zu lassen. Ellen und Balstrode finden Grimes vor der wütenden Meute, aber er ist verwirrt und hört sie nicht. Verzweifelt hat er erkannt, dass es ihm nie gelingen kann, so zu leben, wie er muss und will. Schließlich gibt Balstrode Grimes einen letzten Rat: Er soll aufs Meer hinausfahren und sich dort versenken. Als man im Dorf hört, ein Boot sei gesunken, geht das Leben wieder ungestört weiter.
Zum Werk
Benjamin Britten floh 1939 mit seinem Lebenspartner, dem Tenor Peter Pears, vor dem drohenden Krieg, einer Ausbreitung des Nationalsozialistischen Regimes und vielleicht auch vor der bürgerlichen Enge in England nach Amerika. Sie ließen sich in New York nieder und hofften auf Freiheit von Gewalt und auf Toleranz gegenüber ihrer Homosexualität, die dort zumindest in Künstlerkreisen offener gelebt werden konnte als in Europa. In dieser Zeit bekam Britten George Crabbes (1754-1832) Versroman The Borough (1810) in die Hände. Darin werden die Einwohner eines kleinen Fischerdorfes in Suffolk geschildert – Britten stammte aus der gleichen Gegend. Bei der Lektüre entwickelte der Komponist schnell die Idee, aus der Geschichte des Fischers Peter Grimes eine Oper zu machen, und außerdem erwachte in ihm großes Heimweh sowie die Sorge um Freunde und Familie zu Hause. Deshalb fuhren Pears und Britten 1942 mitten im Krieg wieder zurück nach England. Brittens erste große Oper Peter Grimes ist somit Ausdruck sehr privater Themen: der Sehnsucht nach seiner Heimat, nach den englischen Städten am Meer und dem Außenseitergefühl als ein zu Heimlichkeit gezwungener Homosexueller. In England wurde Homosexualität erst 1967 entkriminalisiert. Der Schriftsteller Charles Montagu Slater adaptierte die Grimes-Episode aus The Borough als Libretto, Britten komponierte 1944/45 die Musik. Die ambivalente Titelpartie des innerlich zerrissenen Fischers gestaltete er genau für die Fähigkeiten von Peter Pears’ Stimme. Am 7. Juni 1945 fand die Uraufführung im Sadler’s Wells Theatre in London mit überwältigen- dem Erfolg statt. Die Dorfgemeinschaft, das Meer, die seelischen Nöte des mit sich selbst und seiner Umwelt in stetem Missverständnis lebenden Grimes sind von Britten prägnant und mitreißend geschildert. Die mit einem Opera Award ausgezeichnete Inszenierung von Christof Loy spürt dem von Britten angedeuteten Außenseitertum von Grimes als Homosexuellem in einer konservativen Gemeinschaft genau nach. Die Inszenierung aus der Saison 2015/16 zeigen wir als Neuein - studierung auf Wunsch unseres Publikums, das sie als eine der drei besten Theater an der Wien-Produktionen auswählte.