Rappresentatione per recitar cantando in einer Vorrede und drei Akten (1600)
Text von Agostino Manni mit Dorisio Isorelli
Premiere:
Sonntag, 19. September 2021, 19:00 Uhr
Aufführungen:
21. / 23. / 25. / 27. / 29. September 2021, 19:00 Uhr
Einführungsmatinee:
19. September 2021, 11.00 Uhr
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Neuproduktion des Theater an der Wien
Das illy Cafe am Theater an der Wien hat vor und nach der Vorstellung für Sie geöffnet.
Besetzung
Handlung
Der Anfang der Oper stellt existentielle Fragen in den Raum: Wie soll man richtig leben? Warum hängen die Menschen so sehr am Leben? Was ist gut an diesem Erdendasein? Seine Schönheit ist doch nur Schein, es steckt voller Eitelkeit, Beschwerden und Gefahren. Da die Blicke der Menschen durch Sünde getrübt sind, soll ihnen ein Schauspiel vorführen, dass nur die Wendung zu Gottes Liebe glücklich machen kann. Zu Beginn des Spiels mahnt TEMPO, die Zeit, das Jüngste Gericht sei nahe, man müsse sein Herz zu Gott lenken. INTELLETTO, der Verstand, ist davon bereits überzeugt; CORPO und ANIMA, Körper und Seele, sind sich jedoch noch nicht einig. ANIMA findet in der Welt nicht, wonach sie sich sehnt, während CORPO den Verdacht nicht loswird, dass weltliche Genüsse Befriedigung bringen könnten. Als ANIMA darauf insistiert, Gott nachzustreben, preist der Chor zur Festigung ihrer Ansicht Gottes Güte. CORPO stimmt ANIMA nun zu. Ihre Einigkeit wird aber noch auf die Probe gestellt. Dabei steht ihnen CONSIGLIO,der gute Rat, zur Seite. PIACERE, das Vergnügen, schildert die Schönheit von Natur und Liebe und führt CORPO und ANIMA damit in Versuchung. Beinahe fällt CORPO darauf herein, aber ANIMA bleibt standhaft. Da CORPO murrt, befragt ANIMA den Himmel. Durch ein Echo bekräftigt eine himmlische Stimme ANIMAS Haltung. Zur weiteren Stärkung erscheint ein Schutzengel, denn nun tritt ihnen MONDO, die Welt, persönlich entgegen und verspricht Glanz und Reichtum. CORPO will sich ihr schon unterwerfen, selbst ANIMA sinnt auf einen Kompromiss zwischen Welt und Gott, da greift der Schutzengel mahnend ein. Die Welt schickt daraufhin VITA MONDANA, das weltliche Leben, mit all seiner verlockenden Lieblichkeit ins Treffen. Aber unter dem äußeren Glanz von Welt und weltlichem Leben verbirgt sich elende Hässlichkeit. Als sich diese enthüllt, wendet sich auch CORPO endgültig Gott zu. CORPO und ANIMA werden als Vorbilder für die Menschen in den Himmel eingeladen, wo ihnen bei einer Befragung der Verdammten und der Seligen deren Leid und Glück noch einmal direkt offenbart wird. Mit einem Fest zum Preise Gottes endet die Vorführung.
Zum Werk
Emilio de’ Cavalieri pendelte sein Leben lang wie die allegorischen Figuren seines Stückes zwischen weltlichem Glanz und frommer Einkehr. Als er 1600 für die Feierlichkeiten zum Heiligen Jahr in Rom die Rappresentatione di Anima et di Corpo schrieb, hatte er die vielfältige Tätigkeit als Intendant der Feste am Hof von Ferdinando de’ Medici in Florenz hinter sich, wo in einer Intellektuellenrunde, der Florentiner Camerata, Ideen zur Wiederbelebung der griechischen Tragödie ersonnen wurden, die schließlich zur Erfindung der Oper führten. In Cavalieris Rappresentatione verbinden sich das mittelalterliche Mysterienspiel, das Jesuitendrama der Gegenreformation und jene Überlegungen der Florentiner Camerata. Cavalieri verwendet für sein dialogisches, allegorisches Spiel den dort entwickelten „Stile recitando“, ein gesungenes Sprechen. Somit ist die Rappresentatione weder Oper noch Oratorium, aber Keimzelle für beides und auf jeden Fall das erste vollständig überlieferte Stück Musiktheater. Die Uraufführung fand im Betsaal der Bruderschaft des Heiligen Filippo Neri statt, der – erst 1595 verstorben – eine anschauliche Laienunterweisung mit Musik ergänzend zur lateinischen Predigt kultiviert hatte. Die Rappresentatione ist in diesem Sinne als eine ausgefeilte, ineinander geschachtelte allegorische Abstraktion angelegt: Der gesprochene Prolog stellt eine These auf, deren Richtigkeit in den folgenden drei, durch Musik kunstvoll stilisierten Akten bewiesen wird. Cavalieris kompositorische Stärke liegt in der abwechslungsreichen Gestaltung der Chöre, der Instrumental - stücke, der Ensembles und der Verwendung von Tanzrhythmen. Höhepunkte sind das Echo vom Himmel, der Auftritt von Piacere und die Befragung der Verdammten und der Seligen. Der Partitur ist ein Vorwort beigegeben, worin Cavalieri sein Ziel, die geistige Erbauung so unterhaltend wie möglich gestalten zu wollen, vertritt: Ein Libretto solle nicht länger als 700 Verse sein, die Sänger sollen wenig verzieren und auf ihre saubere Aussprache achten, denn Musik ohne Textverständlichkeit sei langweilig und die Zuschauer würden abspringen. Zur Besetzung der Instrumente gibt Cavalieri Empfehlungen, aber er lässt den jeweiligen Ausführenden dies - bezüglich große Freiheit, dadurch wird der musikalische Leiter zum maßgeblichen Mitgestalter der Produktion.