Kammeroper in 6 Bildern
Libretto von Karl Michael von Levetzow
Neuproduktion des Theater an der Wien in der Kammeroper
Szenische Neufassung von Roland Geyer
der gleichnamigen Oper von Ottmar Gerster (1936)
Arrangiert für Kammerorchester von Matthias Wegele (2022)
Premiere:
Dienstag, 17. Mai 2022, 19:00 Uhr, bis 20.30 Uhr
(keine Pause)
Aufführungen:
20. | 23. | 25. | 30. Mai 2022, 19:00 Uhr, bis 20.30 Uhr
(keine Pause)
2. | 8. | 11. Juni 2022, 19.00 Uhr, bis 20.30 Uhr
(keine Pause)
Einführungsmatinee:
Sonntag, 15. Mai 2022, 11:00 Uhr
In deutscher Sprache
Trailer
Besetzung
Handlung
In einem wilden Sturm ist Enoch Ardens Schiff vor Jahren auf einer einsamen Insel gestrandet. Allein vegetiert er vor sich hin, die Hoffnung, dass ein Schiff vorbeikommt und ihn rettet, ist fast verloren. Jene Ausfahrt hätte seine letzte sein sollen: Eine erfolgreiche Reise wäre noch nötig gewesen, um genügend Geld zu verdienen, dass er für seine Frau Annemarie und seinen kleinen Sohn ein Haus im Landesinneren hätte erwerben können, von dem Annemarie träumte. Ardens Gedanken kehren immer wieder zu diesem Abschied zurück. Vergebens hatte seine Frau, von bösen Ahnungen erfüllt, versucht, ihren Mann von seinem Vorhaben abzubringen, doch nach einem letzten liebevollen Tanz ging Arden an Bord. Sein Freund Klas sollte ein Auge auf Annemarie und den Sohn haben und ihnen im Notfall beistehen – ein Vabanquespiel, denn Klas und Annemarie waren ein Paar gewesen, bevor Arden auftauchte. In seiner Einsamkeit quälen den Schiffbrüchigen eifersüchtige Vorstellungen: Er sieht Annemarie an Klas’ Seite, zwischen den beiden erwacht wieder Liebe. Aber sie können nicht heiraten, weil Arden noch nicht für tot erklärt werden konnte. Da wird eine Flaschenpost gefunden, die den Schluss nahelegt, dass er wohl Schiffbruch erlitten habe. Als somit einer Ehe nichts mehr im Wege steht, feiern sie ausgelassen ihren Polterabend. Auf seiner Insel lässt Arden umsonst – tagaus, tagein – ein Feuer brennen. Immer noch sieht kein Schiff den Verlorenen. Die Kraft, für ein Wiedersehen zu leben, verlässt ihn schließlich völlig. Doch als Arden seinem Leben ein Ende bereiten will, vermeint er, ein Schiff am Horizont auftauchen zu sehen. In seinem Heimatdorf, wo man gerade die erste Ausfahrt seines Sohnes feiert, kennt den Heimkehrer niemand mehr. Als er Klas seine Identität enthüllt, erfährt Arden die Wahrheit seiner Ängste: Klas ist mit Annemarie verheiratet. Zuerst will Arden sich auf seinen Freund stürzen, stimmt aber dann zu, Annemarie über ihre Zukunft entscheiden zu lassen. Erkennt sie Arden, will Klas auf sie verzichten. Aber Annemarie erblickt in dem gegerbten, von Entbehrungen gezeichneten Alten ihren Mann nicht mehr und geht achtlos an ihm vorüber. Enoch Arden stürzt sich ins Meer.
Zum Werk
Ottmar Gersters Enoch Arden oder Der Möwenschrei war eine der erfolgreichsten Opern des 20. Jahrhunderts, selbst wenn sie in den meisten Opernführern jüngeren Datums keine Erwähnung mehr findet. Am 15. November 1936 in Düsseldorf mit außerordentlichem Erfolg uraufgeführt, wurde sie in den Jahren darauf von mehr als fünfzig Bühnen nachgespielt – nicht nur im deutschsprachigem Raum (etwa 1940 in Linz und 1942 in Graz), sondern auch in Finnland, Rumänien und Italien. Nach 1945 erlebte die Heimkehrer-Tragödie insbesondere in der DDR, wo auch eine Gesamteinspielung auf LP veröffentlicht wurde, erneut eine veritable Renaissance, weil der Stoff die Menschen persönlich berührte, ehe sie in den 1960er Jahren auch dort in Vergessenheit geriet. Im Gegensatz zu den Kompositionen seiner erfolgreichen Zeitgenossen wie etwa Franz Schreker, Igor Strawinsky oder Richard Strauss, der übrigens bereits 1897 auf dieselbe Vorlage, die gleichnamige Ballade von Tennyson, ein Melodram verfasst hatte, mag die Musik Gersters auf den ersten Blick vielleicht etwas einfach gestrickt erscheinen, sie erweist sich jedoch als überaus effektvoll und bühnentauglich. Ottmar Gersters Enoch Arden ist wohl ein letztes Beispiel veristischer Opernkultur, das stilistisch zwischen d’Alberts Tiefland und Hindemiths Mathis der Maler einzuordnen wäre. Tänze und Lieder von einprägsamer Melodik stehen neben Fugen und herber Polyphonie. Auch musikalisch nicht vorgebildete Menschen mit seiner Musik zu erreichen, war Zeit seines Lebens die oberste Maxime des Komponisten. Wie sein Freund und Kollege Paul Hindemith in den 1920er Jahren unter anderem als Leiter von Arbeiterchören musikalisch sozialisiert, konnte sich Ottmar Gerster später auch mit den ästhetischen und politischen Linien, die die nationalsozialistische Kulturpolitik leiteten, identifizieren. Genauso war das dann in der DDR der Fall, in die der Komponist 1947 übersiedelte und wo er nicht nur zahlreiche Auszeichnungen erhielt, sondern auch als Professor an die Leipziger Hochschule berufen und zum Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Komponisten gewählt wurde. Als stilistisch symptomatisches Werk seiner Zeit, das eine bewegende Geschichte mitteilt, soll ein besonderer, innovativer Zugriff das dramatische Potenzial von Enoch Arden neu zur Diskussion stellen.